Post-Polio-Syndrom und Beweisbarkeit - ASPr-SVG

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Schweizerische Interessengemeinschaft
für das Post-Polio-Syndrom SIPS
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Post-Polio-Syndrom und Beweisbarkeit
Die Medizin neigt in wachsendem Masse zur anatomisch strukturellen oder paraklinisch funktionellen sowie befundorientierten Beweisforderung
für pathologisch symptomatische Störungen. Dabei vernachlässigt sie allzu häufig die Nachweisgrenzen ihrer Untersuchungsmethoden, wobei die
meisten Polio-bedingten neurologischen Schäden
sich dem objektivierenden Nachweis weitestgehend entziehen. Ausserdem sind infolge Kenntnismangel zur vorliegenden Polio-Spätfolge-­
Erkrankung Untersuchungsansätze gelegentlich
auch inadäquat und zeitigen so ein physiologisches Ergebnis. Aus der Feststellung «ohne Befund» beziehungsweise «unauffällig» wird dann
schnell «nicht krank» oder «psychisch bedingt».
Die therapeutischen Konsequenzen sind für den
Patienten nicht selten mehr oder weniger kata­
strophal. Eine neurologische Erkrankung wird
ent­gegen der WHO-Klassifizierung (ICD 10, G 14
Post-Polio-Syndrom) psychiatrisiert. Die Folge
sind extreme Fehlbehandlungen. Ganz besonders
davon betroffen sind die so genannten Ausschlussdiagnosen. Dazu gehört unter anderen auch das
Post-Polio-Syndrom, eine vielgestaltige Polio-­
Spätfolge von einfacher bis zur komplexen Ausprägung. Erschwerend kommt das verbreitete
Missverständnis bezüglich der Definition von
«Ausschlussdiagnose» hinzu, welches die ausschliessliche Anerkennung der Diagnose unter der
Voraussetzung fordert, dass zunächst andere Ursachen für die jeweiligen Krankheitserscheinungen im Sinne eines ENTWEDER-ODER ausgeschlossen sind und eine Parallelität nicht
akzeptiert wird.
Richtig jedoch ist:
Eine Ausschlussdiagnose, wie beispielsweise das
Post-Polio-Syndrom, ist nicht ausschliessbar, weil sie
als solche in der Regel ursächlich weder bewiesen
noch ausgeschlossen werden kann. Ihr Status dient
lediglich dem Zweck, andere behandlungspflichtige
mögliche Krankheiten einer Behandlung zuzuführen,
das heisst, deren Behandlung nicht zu versäumen.
Sie ist in jedem Falle sowohl einzeln als auch parallel zu führen, um auch hier therapeutische KonseFaire Face 2/2016
quenzen nicht ausser Acht zu lassen. Ihre Symptome
sind zwar nicht als b
­ eweisende, sondern bei entsprechender Charakteristik ohne Voraussetzungsauflage,
als hinweisende zu betrachten.
«Niemandem würde
Das Post-Polio-Syndrom kann eine Vielzahl von
Symptomen einzeln oder auch kombiniert aufweisen, deren pathogenetische Grundlage virologisch,
pathologisch-anatomisch, immunologisch und
mole­kularbiologisch belegt ist. Mit allen funktionellen Abhängigkeiten dürfte die Zahl der Symptome bei über einhundert liegen. Diese Grössenordnung gründet sich in der final-pathogenetischen
Manifestation der Polio-Infektion im ZentralNerven-­System, das heisst in Gehirn, Rückenmark
und Spinalganglien, wobei das Gehirn immer und
das Rückenmark meistens betroffen sind. (­ BODIAN
in BRUNO) Diese Manifestation ist mit einem regellosen Neuronenverlust verbunden, wovon bis
zu 50% in einem Funktionsbereich im Rahmen
der Neuroplastizität strukturell wie funktionell
kompensiert werden können. Verglichen mit dem
Rückenmark ist das Gehirn mit einer sehr viel
grösseren Kompensationsfähigkeit ausgestattet.
Andererseits ist die anatomische Lokalisation von
Polio-bedingten Schäden, seien sie nun klinisch
relevant oder auch nur subklinisch, aufgrund der
hohen strukturellen und funktionellen Gesamtvernetzung des Zentralnervensystems überwiegend nicht möglich.
dem Blutbild und
es einfallen, eine
Diagnose wie die der
Schizophrenie aus
einem Röntgenbild
zu stellen, aber für
eine Diagnose
Post-Polio-Syndrom
werden immer wieder paraklinische
Beweise gefordert.»
Dr. med. Peter Brauer
Funktionssignale bewegen sich neben dem wechselseitigen Austausch zwischen gesunden Bereichen auch von gesunden zu schadhaften Arealen
und umgekehrt mit der möglichen Folge von krank­
heitswertig verarbeiteten Übermittlungen. Also
arbeiten auch fehlgesteuerte gesunde Einheiten
nicht in jedem Fall in gewohnter Weise. Das trifft
nun nicht nur auf die Interaktionen innerhalb des
Zentralnervensystems zu, sondern auch auf die
davon abhängigen Organe des gesamten Organismus.
Sollten Symptome auf eine unphysiologische Arbeitsweise von Organen hinweisen, könnte das an
einer direkten krankhaften Veränderung im O
­ rgan
selbst, in korrespondierenden Organen oder einer
zentralen Fehlsteuerung liegen. Im letzteren Fall
bliebe die paraklinische Organuntersuchung ohne
auffälligen Befund. Dieser Zustand wird beim
Post-Polio-Syndrom sehr häufig registriert. Und
doch ist der Patient krank, inkurabel chronisch
krank!
In etwa 92% der Fälle verläuft die Infektion mit
dem Polio-Virus inapparent, das heisst, ohne jegliche Krankheitszeichen, jedoch mit subklinischen
und hinsichtlich der Spätfolgen krankheitswer­
tigen Infektionsschäden – für den davon betrof­
fenen «Patienten» völlig unbewusst. Die inappa­
rente Infektion entspricht demnach von ihrer
Charakteristik her einer akuten Erkrankung. (NICOLLE in GÄDEKE)
Aus Abhandlungen über die inapparente Infektion
ist die für sie äusserst eingeschränkte naturwissenschaftliche Beweismöglichkeit bekannt. (GÄDEKE) Das Post-Polio-Syndrom erschliesst sich in
erster Linie aus der Anamnese in der Entwicklung
und dem Charakter der aktuell vorliegenden
­Beschwerden, gestützt durch klinische wie para­
klinische Zufallsbefunde. Sie müssen keineswegs
für die zurückliegende Infektion typisch, jedoch
eine späte Folge derselben sein. Nach ROSÉE bereiten die Symptomzuordnung und die Differenzialdiagnostik dabei die grössten Probleme. Das betrifft das Post-Polio-Syndrom als Spätfolge aller
Verlaufsformen einer Polio-Encephalo-Myelitis-Infek­
tion.
Weiterführende Literatur
Brauer, P.:
Checkliste Post-Polio-Syndrom?
In: Brauer, P.:
Aspekte des Post-Polio-Syndroms.
Polio Selbsthilfe e.V. 2. Auflage 2011, S. 105–
109.
• Brauer, P.:
Inapparente Polio-Encephalo-Myelitis und
Post-Polio-Syndrom.
Polio Europa aktuell 16. Jahrgang 2015, Nr. 64,
S. 3–4.
• Bruno, R.L.:
The Polio Paradox.
Warner Books New York/Boston 2003.
• Gädeke, R.:
Die inapparente Virusinfektion und ihre Bedeutung für die Klinik.
Springer-Verlag Berlin/Göttingen/Heidelberg
1957.
• Halstead, L.S. and J. Silver:
Nonparalytic Polio and Postpolio Syndrome.
American Journal of Physical Medicine & Rehabilitation 2000, Vol.79, Issue 1, P. 13–18.
• Rosée, R. de la:
Plädoyer für eine andere Sichtweise der Entstehungsgenese von «CFS»/«CFIDS». Indizien für
eine Tardivpandemie
• Internet: Immunselbsthilfe
•
Im Stile einer Kochbuchmedizin mehr oder weniger willkürlich aufgestellte schematisierende Diagnosekriterien in Form einer Checkliste sind da
wenig hilfreich, weil sie der symptomatisch und
lokal kausal möglichen Vielfalt des Post-Polio-Syndroms nicht gerecht werden. Ja, sie sind mit ihrem
Charakter eines Beweisanspruches geradezu fehl
am Platze. Zudem werden die inapparenten wie
abortiven und aparalytischen Polio-Infektionsverläufe dabei ohnehin nicht berücksichtigt. Der Beweisanspruch wird sogar verbreitet aufrechterhalten, obwohl seine Unsinnigkeit pathophysiologisch
belegt ist.
Fazit: Bei schon nur einem hinweisenden Symptom
ist die Verdachtsdiagnose Post-Polio-Syndrom im Sinne
einer Post-Viral-Erkrankung unabhängig von parallel
möglichen Erkrankungen gleicher Symptomatik gegeben und als solche zu führen. Eine zu häufige Stellung dieser Diagnose ist wegen der diffizilen spezifisch therapeutischen Konsequenzen bei derartigen
Post-Viral-Erkrankungen im Gegensatz zu einer Fehldiagnose mit desaströsen Fehlbehandlungen nicht zu
befürchten. Eher wird diese Spätfolge zu selten diagnostiziert und damit Fehlbehandlungen Vorschub geleistet.
Dr. med. Peter Brauer
Faire Face 2/2016
Communauté suisse d’Intérêts
du Syndrome Post-Polio CISP
Secrétariat central ASPr-SVG | Polio.ch
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Le syndrome post-polio
est-il démontrable?
A l’heure actuelle, on exige toujours plus souvent
que les diagnostics s’appuient sur des preuves tangibles anatomiques, structurelles, fonctionnelles,
ou sur des examens complémentaires. Ce faisant,
on passe outre le fait que les méthodes employées
ont une limite : en effet, il n’est pas rare que des
troubles neurologiques occasionnés par la polio
ne puissent pas être détectés par une méthode
­objective. En outre, du fait du manque de connaissances au sujet des suites tardives de la polio­
myélite, on exige parfois des tests complémentaires inadéquats, avec au final des résultats
normaux. Ainsi, on passe rapidement de « résultats négatifs» ou «normaux» à «en bonne santé»
ou «d’origine psychique», ce qui, pour les patients,
a des conséquences thérapeutiques souvent désastreuses. Une affection neurologique se convertit
alors en maladie psychiatrique, et cela à l’encontre
de la classification de l’OMS (CIM 10, G 14: syndrome post-poliomyélite), source de gravissimes
erreurs de traitement. Or, les maladies qui ont le
plus tendances à être « psychiatrisées» sont les fameux «diagnostics d’exclusion», dont fait partie,
entre autres, le syndrome post-polio, terme qui
­englobe une constellation de suites tardives de la
poliomyélite, de la plus bénigne à la plus complexe. En outre, la définition de «diagnostic d’exclusion» est souvent mal comprise : on pense qu’il
est nécessaire d’exclure au préalable, telle une
liste à biffer, toutes les autres causes pouvant expliquer les symptômes du patient, alors qu’il est
tout à fait possible que deux affections coexistent
en parallèle.
chaque affection seront menés en parallèle, cela afin
de ne pas perdre de vue les conséquences de chacun
d’entre eux. En effet, les symptômes ne démontrent
pas l’existence d’une maladie, mais constituent des
indices de celle-ci en présence de certaines caractéristiques de base, qu’il faut aborder sans idées préconçues.
Ce qu’il faut comprendre:
«Exclure un diagnostic d’exclusion» tel que le syndrome post-polio est un non-sens: par essence, les
diagnostics d’exclusion n’ont pas de cause prouvée,
donc pas de cause à exclure. Le statut de diagnostic
d’exclusion sert uniquement à assurer que d’autres
maladies pouvant être traitées soient prises en considération et soignées. Les traitements spécifiques à
Dans le système nerveux, il peut se produire un
échange de signaux entre deux aires saines, mais
aussi entre une aire saine et une aire touchée par
la polio, avec pour conséquence une déformation
de l’information transmise. Les aires saines, par
ailleurs, cessent de fonctionner parfaitement si
elles reçoivent des signaux erronés. Et cela ne vaut
pas uniquement pour les interactions à l’intérieur
Faire Face 2/2016
Le syndrome post-polio peut se présenter sous de
multiples formes: il peut apparaître une plainte
isolée ou un groupe de symptômes survenant simultanément. La pathogénèse de cette affection a
été démontrée du point de vue virologique, anatomo-pathologique, immunologique et moléculaire.
Le nombre de symptômes décrits, ainsi que leurs
conséquences fonctionnelles, serait supérieur à la
centaine. Cet ordre de grandeur se justifie par le
fait que l’infection par poliovirus touche le système nerveux central, c’est-à-dire le cerveau, la
moelle épinière et les ganglions rachidiens. Le
cerveau est systématiquement touché, et la moelle
épinière dans la plupart des cas. (BODIAN in BRUNO) Cela implique une perte aléatoire de neurones, qui peut être compensée jusqu’à 50% du
point de vue structurel et fonctionnel pour une
zone cérébrale déterminée. En comparaison avec
la moelle épinière, le cerveau possède une plasticité bien supérieure. La plupart du temps, il est
impossible de déterminer la localisation précise
des lésions – symptomatiques ou subcliniques –
occasionnées par la polio, en raison de la densité
des réseaux structurels et fonctionnels au sein du
système nerveux central.
Il ne viendrait à
­l’esprit de personne
de diagnostiquer
une schizophrénie
sur la base d’une
analyse de sang ou
d’une radiographie.
Mais pour le syndrome
post-polio, on exige
toujours que le
­diagnostic s’appuie
sur des examens
complémentaires.
Dr méd. Peter Brauer
du système nerveux central, mais également pour
la fonction d’autres organes et de l’organisme tout
entier. Si les symptômes font supposer un dysfonctionnement organique, cela peut être dû à une lésion de l’organe lui-même, à une dysfonction d’organes associés ou encore à une lésion centrale.
Dans ce dernier cas, les examens complémentaires révéleront une fonction organique normale,
ce qui est très souvent le cas chez les patients
post-polio. Et pourtant, ce sont des malades chroniques et incurables!
Dans environ 92% des cas, l’infection par poliovirus est indolente, c’est-à-dire qu’elle ne provoque pas de symptômes. Toutefois, l’infection
provoque des séquelles subcliniques et cliniques
à long terme dont le « patient » ne sera pas conscient
au moment de l’infection. L’apparition de suites
tardives rappellera donc davantage une affection
aiguë que chronique. (NICOLLE in GÄDEKE)
Les travaux effectués sur les infections indolentes
soulignent tous la quasi impossibilité de les justifier sur le plan scientifique (GÄDEKE). De fait, le
diagnostic du syndrome post-polio est principalement posé par le biais de l’anamnèse des plaintes
actuelles et les caractéristiques de l’apparition des
symptômes, ainsi que sur les découvertes fortuites lors de tests cliniques et paracliniques. Ces
dernières ne sont pas forcément caractéristiques
de l’infection aiguë; au contraire, elles en constituent une séquelle tardive. Selon ROSÉE, ce sont
l’attribution des symptômes et le diagnostic différentiel qui posent le plus de problèmes dans le cas
du syndrome post-polio, qui regroupe toutes les
formes de suites tardives de la polioencéphalomyélite.
Pour en savoir plus:
Brauer, P.:
Checkliste Post-Polio-Syndrom?
In: Brauer, P.:
Aspekte des Post-Polio-Syndroms.
Polio Selbsthilfe e. V. 2. Auflage 2011,
p. 105–109.
• Brauer, P.:
Inapparente Polio-Encephalo-Myelitis und
Post-Polio-Syndrom.
Polio Europa aktuell 16. Jahrgang 2015, Nr. 64,
p. 3–4.
• Bruno, R.L.:
The Polio Paradox.
Warner Books New York/Boston 2003.
• Gädeke, R.:
Die inapparente Virusinfektion und ihre
­Bedeutung für die Klinik.
Springer-Verlag Berlin/Göttingen/
Heidelberg 1957.
• Halstead, L.S. and J. Silver:
Nonparalytic Polio and Postpolio Syndrome.
American Journal of Physical Medicine
& ­Rehabilitation 2000, Vol.79, Issue 1, p. 13–18.
• Rosée, R. de la:
Plädoyer für eine andere Sichtweise der
Entstehungsgenese von «CFS»/«CFIDS».
­Indizien für eine Tardivpandemie.
• Internet: Immunselbsthilfe
•
Les critères diagnostiques du syndrome post-polio,
établis sous forme d’une liste de symptômes
comme s’il s’agissait d’une recette de cuisine, ne
sont pas très utiles. En effet, ils ne prennent pas
en considération la diversité symptomatique et
causale de cette maladie et ne tiennent pas compte
des formes silencieuses et aparalytiques de l’infection à poliovirus. L’exigence de preuves tangibles,
bien qu’elle ne soit en aucun cas applicable au
syndrome post-polio et représente un non-sens du
point de vue physiopathologique, est considérée
comme une norme généralement applicable et devant être respectée à tout prix.
En bref: même en présence d’un symptôme isolé et indépendamment d’autres maladies à la symptomatologie similaire, il doit exister un soupçon de syndrome post-polio en tant que suite tardive d’une
infection virale qu’il est nécessaire de prendre en
charge en tant que tel. Il ne faut pas craindre un surdiagnostic de cette maladie en raison de sa difficile
solution thérapeutique; il serait bien plus néfaste de
poser un diagnostic erroné, avec des conséquences
désastreuses du point de vue du traitement. Les
suites tardives de la polio sont diagnostiquées trop rarement et sont en conséquence traitées de manière
inadéquate.
Dr méd. Peter Brauer
Faire Face 2/2016
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