Habermas & Deutscher Herbst: Deliberative Elemente in politischen Extremen

Telechargé par kegel80_tritte
1
Deliberative Elemente als
Puffer zwischen politischen
Extremen
Eine Einzelfallstudie über Habermas als
Vermittler während des deutschen Herbstes
Abgegeben im Rahmen des Seminars: Allemagne après 1945
Im Sommersemester 2024
Dozent: Dr. Jochen Thermann
Seiten: XX
Wortanzahl: XX
Abgegeben am XX von :
Patrick Kilian O’Brien
Département de lettres modernes
Étudiant international en échange
Jakob-Bernhard-Straße 1/1
69151 Neckargemünd
patrick.obri[email protected]
2
Gliederung
Einleitung………………………………………………..….……XX
Deutschlands politisches System nach 1945……XX
a) Politische Öffentlichkeit im Nachkriegsdeutschland……...………..XX
b) Politisches Klima und Umgang mit der NSDAP………………..XX
c) Probleme der Entnazifizierung Der Nährboden der RAF………..XX
Habermas’ politisches Denken……………..XX
a) Deliberative Demokratie……………………………………..……..XX
b) Öffentlichkeit und Diskursregeln…………..……………………XX
c) Anknüpfungspunkte im politischen System der frühen BRD (1949 -
1972)……………….XX
Habermas als Vermittler während des deutschen Herbstes……….XX
a) Der deutsche Herbst und seine Rezeption…………………..XX
b) Habermas als Vermittler der politischen Linken………………XX
c) Die Rolle der deliberativen Demokratie als Puffer zwischen politischen
Extremen…. XX
Anhang…………….………………………………………….XX
Bibliographie……………………………………………………….XX
3
„Am Strukturwandel der Öffentlichkeit läßt sich studieren,
[…] ob der Vollzug von Herrschaft und Gewalt […] der
substantiellen Veränderung zugänglich ist.“ (Habermas 1962)
4
Einleitung
Der politische Diskurs hat sich seit dem Ankommen der dritten Populismuswelle (cf. Mudde&Kaltwasser 2013)
2013, das Gründungsjahr der AfD, stetig polarisiert (Zitat). Zusätzlich zu dieser Herausforderung für die deutsche
Demokratie kommt das relativ neue Phänomen der Depolitisierung des einst Politischen (cf. Rosanvallon 2006).
Demokratie und Streit gehören zwar wesensmäßig zusammen, aber mit diesen beiden Tendenzen ändert sich die Struktur
der politischen Auseinandersetzung grundsätzlich. Die politischen Lager sehen sich nicht mehr als Gegner, welche
denselben ethisch-demokratischen Prinzipien verpflichtet sind, sondern als Feinde, welche für ihr Eintreten für
illegitime Positionen vernichtet werden müssen. Dies führt zu einer pernicious polarisation, das heißt, dass alle
wesentlichen Konflikte in einer Spaltungslinie zusammenfallen, was zu einer Verabsolutierung kollektiver Identitäten
wir gegen sie - sowie zu einer Moralisierung des Meinungsspektrums Gut gegen Böse führt. Durch die dadurch
Entstehende Segregierung der jeweiligen Lebenswelten (McCoy&Somer 2019) entstehen Systemgefährdende
Spannungen. Des Weiteren werden dadurch bisher nich von der Gesellschaft akzeptierte Methoden und Instrumente,
wie zum Beispiel das Einschüchtern und Bedrohen der Opposition, wieder salonfähig und wird durch pernicious
polarisation legitimiert (Arbatli&Rosenberg 2021). Durch diese Aufspaltung der politischen Sphäre in (in der Regel)
zwei verfeindete Gruppen und die Intensivierung des group alignments durch das Zusammenfallen aller Unterschiede
in eine einzige sich selbst verstärkende Spaltungslinie wird das demokratische Modell als solches gefährdet. Mit anderen
Worten, der Begriff des Politischen nach Carl Schmitt (cf. Schmitt 1932) ist wieder für Demokratien heute aktuell und
zu einer systemimmanenten Gefahr geworden. In dieser Arbeit möchte ich eine Möglichkeit aufzeigen, mit welcher
Demokratien diesen Trend bekämpfen können. Das normative Demokratiemodell der Deliberativen Demokratie von
Habermas zeigt einen Weg, wie mit solchen Angriffen auf die Demokratie umgegangen wird. Indem Räume geschaffen
werden, in denen politischen Konflikte verregelt werden und die Aussagen beider Lager auf ihre Wahrheit, Richtigkeit
und Wahrhaftigkeit geprüft werden, können solche Angriffe auf das demokratische Miteinander abgewehrt und somit
entschärft werden. Anhand des deutschen Herbstes 1977 möchte ich in dieser Arbeit zeigen wie das politisch linke
Lager, und die Frankfurter Schule stellvertretend für dieses, den Versuch ihrer Delegitimierung durch das Herstellen
einer vermeintlichen Kausalität zwischen ihr und dem Terror der RAF erfolgreich mit dem Medium der Öffentlichkeit
verregelt hat. Habermas hat diesen Konflikt, einerseits als Theoretiker und andererseits als öffentlicher Intellektueller
in einer Art geholfen zu entschärfen, welche konsequent seinen theoretischen Überlegungen zu der bürgerlichen
Öffentlichkeit und seiner Theorie zum kommunikativen Handeln folgt.
Meine These, anhand ich den deutschen Herbst analysieren werde, lautet:
Deliberative Elemente in einer elektoralen Demokratie helfen, um zwischen politischen Extremen zu
vermitteln. Diese Verregelung des Konflikts führt so zu einem Kompromiss oder Mäßigung des
politischen Konfliktes und erhöht damit die Stabilität eines politischen Systems.
Bevor ich mit der Analyse beginne, werden die wichtigen Konzepte meiner These erst definiert, welche dann im
weiteren Verlauf dieser Arbeit vertieft und operationalisiert werden.
Unter dem Begriff deliberative Elemente verstehe Ich die Bausteine, welche eine deliberative Demokratie in
der Realität ausmachen. Dabei folge ich der Habermaschen Idee der deliberativen Demokratie. Diese ist ein normatives
5
Demokratiemodell, welches auf dem Zwanglosen Zwang des besseren Arguments sowie auf systematische
Erwägungen und Schlussfolgerungen in öffentliche[n] Debatte[n] und auf verständigungsorientiertes, kommunikatives
Handeln der Bürger setzt." (Schultze 2021: 133). Der Diskurstheorie Habermas‘ folgend, wird die politische
Auseinandersetzung in eine öffentliche Arena überführt, um dort die Argumente und Geltungsansprüche des
Gegenübers einer Überprüfung zu unterziehen (Kersting 2021: 176). Die grundsätzliche Grundbedingung einer solchen
Überführung ist, dass der zu überführende Konflikt in einer elektoralen Demokratie ausgefochten wird. Diese
sogenannten Polyarchien „are regimes that have been substantially popularized and liberalized, that is, highly inclusive
and extensively open to public contestation (Dahl 1971: 8). Elektorale Demokratien, beziehungsweise Polyarchien
werden durch die Erfüllung von acht Institutionellen Minima charakterisiert: 1.Freedom to form and join organisations.
2. Freedom of expression, 3. Right to vote, 4. Eligibility for public office, 5. Right of political leaders to compete for
support and votes, 6. Alternative sources of information, 7. Free and fair elections, 8. Institutions for making government
policies depend on votes and other expressions of preference (Dahl 1971: 3). Dahl führt zum Zeitpunkt der Publikation
seiner Überlegungen Westdeutschland als Polyarchie (cf. Dahl 1971: 248). Der Definition Schuberts folgend, ist ein
politischer Konflikt ein sozialer Konflikt, welcher entsteht, wenn sich unvereinbare Auffassungen über die Verteilung
von Ressourcen oder mit welchen Mitteln vorgegeben Ziele erreicht werden sollen, sowie über die Legitimität von
Bedürfnissen oder die Gültigkeit von Werthaltungen von mindestens zwei Gruppen gegenüberstehen (Strasser 2021:
485). Unter der Stabilität eines politischen Systems einer Polyarchie verstehe ich die Stabilität der Demokratie und ihrer
institutionellen Minima. Eine stabile Demokratie sowie ein unpolarisierter politischer Diskurs ist besonders r
Deutschland salient, da die BRD von Beginn an institutionell ein "Staat der großen Koalition" (Schmidt 2021: 43) ist.
Um die Ereignisse des deutschen Herbstes zu verstehen, muss in einem ersten Schritt der Kontext
herausgearbeitet werden, indem dieser eingebettet ist. Dem theoretischen Rahmen Habermas’ folgend argumentiere ich
im ersten Teil dieser Arbeit, dass die Ereignisse von 1977 eine Pathologie der gescheiterten Entnazifizierung (cf.
Longerich 2021) und einer fehlenden Öffentlichkeit nach dem 2. Weltkrieg ist. Danach gehe ich im zweiten Teil vertieft
auf die Theorie des kommunikativen Handelns ein und kläre die essentiellen und für diese Arbeit wichtigen Konzepte,
welche aus dieser abgeleitet werden. Ausgehend von der Theorie zeichne ich mögliche praktische Anknüpfungspunkte
des Habermaschen Demokratieideals in der BRD bis zum ersten Machtwechsel in der BRD 1972 nach. Davon
ausgehend, analysiere ich im dritten Teil dieser Arbeit die Rolle Habermas als Vermittler des sowie im politisch linken
Lager während der Studentenproteste 1968 um danach zu zeigen, wie er den politischen Konflikt zwischen dem
bürgerlich-konservativen und dem linken Lager erfolgreich in eine öffentliche Arena überführt und somit verregelt hat.
Neben der Rolle und den Möglichkeiten der deliberativen Demokratie, soll diese Arbeit die Rolle Habermas‘ als
öffentlichen Intellektuellen und Vermittler zwischen politischen Extremen in der öffentlichen Sphäre aufzeigen. Des
Weiteren wird durch diese Analyse das enge Verhältnis von Theorie und Praxis bei Habermas deutlich.
Deutschlands politisches System nach 1945
Das politische System der BRD
1
hat nach dem Krieg einerseits mit einer komplizierten Ausgangslage und
andererseits mit einer großen Unsicherheit zu kämpfen (cf. Schmidt 1989, cf. Vorländer 2008). Die deutsche
1
Mit den BegriffenBRD“ und „Deutschland“ bezeichne ich im Folgenden der Einfachheit wegen das, was später ab 1949 die Bundesrepublik Deutschland
werden wird.
1 / 38 100%
La catégorie de ce document est-elle correcte?
Merci pour votre participation!

Faire une suggestion

Avez-vous trouvé des erreurs dans l'interface ou les textes ? Ou savez-vous comment améliorer l'interface utilisateur de StudyLib ? N'hésitez pas à envoyer vos suggestions. C'est très important pour nous!