Artin - Quadratische Körper im Gebiete der höheren Kongruenzen I+II

Telechargé par Wilfred Hulsbergen
Quadratische K~rper im Gebiete der h~here1~
Kongruenzen. I.
(Arithmetisaher Teit.)
Von
E. Artin in Hamburg.
w
Einleitung.
Die Dedekindsehen Untersuchungen iiber h5hera Kongruenzen 1)
legen folgende Erweiterung der Theorie nahe.
Es werde dem KSrper K der rationalen Funktionen modulo p die
Funktion }/D($) adjungiert, wo D(t) eine ganze im Sinne Dedekinds
quadra~freie Funktion des Parameters t ist. Der entstehande quadratisehe
KSrper K (~/~) weist dann/~hnliche Eigensehaften auf wie ein quadra.
tiseher ZahlkSrper.
So gilt zum Beispiel der Satz tiber eindeutiga Zerlegbarkait der
Ideale in Primideale, der Satz yon der Endlichkeit der Klassenzahl, die
S/itze iiber die Einheiten.
Zur Klassenzahlformel gelangt man durch Einfiihrung der Zeta-
funktionen. Hier liiB~ sieh die Frage naeh der Riehtigkeit der Riemann-
schen Vermutung in jadem speziellen Fall entscheiden. Eine Durah-
rechnung der ersten F/ille -- es handelt sieh um zirka vierzig KSrper-
ergab stets die Riehtigkeit der Riemannschen Vermutung. Einem
allgemeinen Bewais ihrer Riehtigkeit seheinen sich aber noah Sehwierig-
keiten ~hnlieher Art wie beim Riemannsehen ~(8) entgegenzustellen,
doeh ]iegen die Verh~ltnisse bier insofern klarer und durchsichtiger, als
es sich (ira wesentliehen) um ganze rationale Funktionen handelt. Auf
Fragen, die damit im Zusammenhang stehen, werde ieh noch zuriickkommen.
Von den sonstigen Eigensehaften unserer Zetafunktionen sei noah
hervorgehoben: Sie besitzen eine einfaehe Funktionalgleiahung, welche als
1) Journ. fiir die r, u. a. Math. 54 (t857), S, 1--26.
Mathematische Zeitschrift. XIX. 11
154 E. Artin.
Folge merkwiirdige Reziprozit~itsbeziehungen gevdsser Charaktersummen
nach sieh zieht.
Ihre
Nullstellen stehen in einfachem Zusammenhang
mit den Wurzeln einer algebraisehen Gleichung wodurch eben die Ent-
scheidung fiber die Riemannsche Vermutung gef~ltt werdcn kann.
Setzt man die Riehtigkeit der Riemannsehen Vermutung ffir alte
KSrper voraus, so l~iBt sich fiir alle p der Nachweis erbringen, dab es
nur endlieh viele imagin~ire KSrper mit einklassigen Gesehleehtern gibt.
Endlieh sei aueh noeh auf den Zusammenhang mit einer Arbeit .yon
Kornblum'-'), der am Schlusse des zweiten Tells dieser Arbeit hergestellt
wird, hingewiesen. Es gelingt dabei, das Kornblumsche Resultat iiber
die Existenz unendlich vieler Primfunktionen in arithmetischen Pro-
gressionen wesentlich zu verschhrfen.
Bemerkt sei noch, dab ich der kiirzeren Bezeiehnung halber einige
im Gebiete der Zahlen verwendete Symbole sinngem~B auf die Funktionen
(rood p) iibertragen habe. Dies reehtfertigt sich aueh sehon dadurch, dab
dann die Analogie unserer Resultate mit denen in ZahlkSrpern deutlicher
zutage tritt. Eine Verwechslang ist dabei wohi nicht zu befiirchten, da
die Symbole nur gem/iB unserer Definition verwendet werden.
w
Erste Erweiterung des Rechengebietes.
ft
Nach Dedekind heiBen zwei Funktionen
Fl(t)~fl_.,'a~t"
und
n ~'=0
F~ (~)-----Z, b~t"
kongruent modulo p, in Zeiehen
v=O
Fx(t ) "~_F~ (t)
(rood p),
wenn fiir allev gilt
a~ ~ b~ (mod p).
Dabei bedeutet p eine in den ganzen Entwieklungen festgehaltene
Primzahl.
Wir wollen in diesem Falle die Funktionen und Zahlen direkt ,,gleich"
nennen und also einfach schreiben
F I(t)=F.~(t), wenn a~=b,.
Von Viel[achen yon p ist hierbei eben abgesehen.
Ferner verstehen wir, wenn a# 0 (d. h. naeh der vorigen Fest-
b eine Zahl x, fiir welche
ax= b
ist
setzung a~0 (mod p)), unter a
(d. h. wieder
ax=~b
(rood p)). Zum Beiupiei ist, wenn p ungerade, unter
I
der h/iufig auftretenden Zahl ~ die ganze Zahl p +i
--2- zu verstehen.
~) Mathem. Zeitschr. 5 0919), S. 100.
Quadratische K/irper im Gebiete der hSheren Kongruenzen. L !55
Nun lassen wir -- und darin besteht unsere Erweit~rung -- auch
negative Potenzen yon t in endlicher oder unendlicher Anzahl zu. Wir
betraehten also Funktionen der Form
F(t)--,' t' r
--.~a,,
=-a
n ~-, a,_2~n-z~-...
wobei wieder zwei Funktionen ,,gleich" sein sollen, wenn die Koeffizienten
entsprechender t-Potenzen ,,gleich" sind.
Man beachte, dal~ dem Buchstaben t keinerlei numerisehe Bedeutung
zukommt, und er lediglieh als Reehensymbol zu betraehten ist, so dab
im Falls unendlieh vieler negativer Potenzen von t der Konvergenzfrage
keinerlei Bedeutung zukommt. Da er ferner im allgemeinen derselbe
bleibt, unterdriieken wit ~-~inftighin seine Bezeichnung, sehreiben also kurz
F statt
F(t).
Zahlen mSgen stets mit kleinen lateinischen Buchstaben und den all-
gemein iiblichen Summationsbuehstaben /x, v bezeichnet werden, alle
iibrigen Buchstaben seien den Funktionen vorbehalten.
Sei nun
F = Z, a,
t", wobei a, + 0 vorausgesetzt sei.
F heii~e ganz, wenn die Koeffizienten aller negativen Potenzen von t
versehwinden, wenn es also sine Funktion im Dedekindschen Sinne ist.
Ferner heiSe fiir ganzes und nieht ganzes F:
1. Wie bei Dedekind, nder Grad von F.
2. Die Zahl p~ der ,,Betrag" IF l= p" von F. Diese Bezeiehnung
wird sich in der Fo|ge rechtfertigen. Fiir jetzt sei nur bemerkt, da$ im
Falls eines ganzen F die Zahl p"----]F I die Anzahl der Restklassen der
ganzen Funktionen modulo Fist. In der Dedekindsehen Bezeichnung
(modd
io, F (t)).
Fiir von Null verschiedene ZaMen a gilt dann ] a i ---- 1.
Ferner werde [01-----0 gesetzt.
3. Der Koeffizient a, der hSchsten Potenz yon t, der schon bei
Dedekind die Rolls des ,,Vorzeichens" yon F spielt, werde mit
a, = sgn F
bezeichne~. Diese Definition hat natiirlieh nur einen Sinn, wenn F ~ 0
ist, d.h. wenn es nichtversehwindende Koeffizienten iiberhaupt gibt. Dann
ist sgn F + 0.
4. Mit Dedekind nennen wir die yon Null verschiedenen Zahlen
l, 2, ..., (p -- 1) die rationalen Einheiten, da sie in
ttnserem
Sinne
Teller
der Eins sin&
5. Wenn sgn $' = 1 ist, heiBe F prim/ir. (Es entsprieht dies un-
gef~hr den positiven Zahlen.)
11"
156 E. Artin,
Fiir unsere Symbole gelten nun ersichtlich die gewShnlichen Reehen-
regeln:
IpG!= IFI-IGt,
sgn
(FG)
= sgnF-sgn G.
Wir erwiihnen noch die folgenden hiiufig zur Verwendung gelahgenden
Regeln:
1. Wenn IFI<IGI, so ist
I '+al=Ial.
Hier hat ja Y auf den Grad des Resultats keinen Einflul~.
gilt unter der gleiehen Voraussetzung
sgn (F + G) ~-- sgn G.
Ebenso
2. Wenn t F[ = I G Iund sgn F-t- sgn G # 0 ist, gilt
IF +a
und
sgn (F + G) -= sgn F -f- sgn G.
3. Wenn !F I = IGI und sgn F +sgn G= 0 ist, haben wit
!p +ai < I l-- a I
Der Beweis dieser S~itze folgt unmittelbar aus Gradbe~rachtungen.
Das Rechnen mit Grenzwerten erhalten wir dutch folgende
Definition :
Eine Folge yon Funktionen F1, F~, F a .... konvergiert gegen einen
Grenzwert, in Zeiehen F = lira F,, wenn sich naeh. Vorgabe eines be-
liebig kleinen positiven ~ ein n so finden ls dab fiir alle v __> n gilt
IF.-Fi< .
Das heist ein beliebig gegebener Absclmigt yon F kommt yon einer
Stelle nab in allen F~ vor.
Ersichtlieh ist hierfiir notwendig und hinreiehend, wenn eine Stelle n
existiert, so dal~ flit /~, v _> n gilt
Aus dem Grenzwertbegriff folgt unmittelbar der Begriff der Kon-
vergenz und der Summe einer unendlichen Reihe
~F~.
Sie konvergiert und hat die Summe S, wena 2 = lim 2, existiert, wo
n
7~
S,, :~ x F
v~a~
Quadratische KSrper im Gebiete der h6heren Kongruenzen. I.
157
~'iir die Konvergenz ist notwendig and hinreichend, dat~ flit alle ge~
niigend gro$eu u und v ~/~ die Betr/ige der Ausschnitte E, @ F~+, ~- ... @ F,.
beliebig klein werden.
Da nun einerseits die Betriige dieser Ausschnitte nach unseren Rechen-
regeln die der einzdnen Glieder nie iiberschreiten k6nnen und andererseits
als Aussehnitte fiir ,u,~--,v die einzelnen Glieder selbst auftreten, erhalten
wir das einfaehe Konvergenzkriterium:
Far die Konvergenz der unendlichea Reihe (1) is~ notwendig und
hinreichend, dal3
lim I iv,, ] = O.
Insbe~omtere erhalten wit fiir ,,Potenzreihen"
~'a,,F",
deren Koeffizienten Zahlen sind, dal~ sie sicher konvergieren fiir
Dean dann isl
,F'l
< v-', arso li l ,F i =
o.
~,: ac
Ebenso leicht erhalten wir die Resultate:
a ede konvergente Reihe konvergiert unbedingt, d. h. ihre Glieder
kSmmn beliebig vertauscht werden.
Fiir das Produkt zweier konvergenter Reihen gilt die Cauchysche
Produktregel.
F
Definition. Wenn G=t=0 islb, verstehen wir unter H-~ G eine
Funktion, fiir welche
HG
=Fist.
Um die Existenz einer solchen Funktion nachzuweisen; sei
(I----%t"-1- _ t ~-j
... "
a,, , -t- =a.t O--q'),
wobei a,,~= 0 vorausgesetzt wird. Hier ist
q~_~ ~. ~t--1 a. :t-e___ also q}i<p-ll
Demnach konvergiert
and es ist
\7 qb"
Setzen wir also
(1 -- q~) \" r _ \' q/'-- , v q~"---~l.
ac
H--'~ a-~l t-'~ . F 9 --\T q~",
1 / 94 100%

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